Juliane Schader

Abschalten!

Der VW Sharan ist ein fantastisches Auto. Und so geräumig. Ganze 13 mittelgroße Styroporblöcke konnten gestern ein Vater mit osteuropäischem Migrationshintergrund und sein Sohn innerhalb von zwei Minuten in seinem Kofferraum verstauen. Was nicht nur beeindruckend, sondern auch lehrreich war, und damit genau dem Bildungsauftrag genügte, dem sich der Kinderkanal verschrieben hat. Denn das lustige Spiel, bei dem jeweils ein Kind gemeinsam mit einem Erwachsenen um die Wette den Sharan bepackte, war Teil der Kinderbelustigung namens Kika-Sommertour, die gestern am Berliner Ostbahnhof Station machte. Und von VW begleitet wird, wie es die PR-Abteilung so schön formuliert hat, denn der Kika ist ja werbefrei.

Immerhin war das Sharan-Spiel nicht die einzige angebotene Unterhaltung: Kinder, die gerne eineinhalb Stunden in einer Schlange warten, konnten sich auch in einem Kugelbad wie bei Ikea vergnügen, Bernd das Brot als Kletterwand benutzen oder Autogramme von den Stars von Schloss Einstein bekommen, was für die anwesenden Dreijährigen sicherlich ein Ereignis von unschätzbarem Wert war. „Sieh mal, die großen Kinder können ihren Namen schon schreiben!“ Hervorragend.

Wer sich für keine der Warteschlangen begeistern konnte, für den gab es alternativ auch das Showprogramm auf zwei Bühnen, bei dem man die Wahl hatte zwischen dem Auftritt der Minderjährigen-Band Saphir und einer Art Bibi-Blocksberg-Musical, bei dem die in Unterwäsche auftretende Bibi meiner Meinung nach etwas zu euphorisch ihre Liebe zu einem Besen besang. Zu einer Melodie, die man ohne weiteres auch als neuesten Hit von DJ Ötzi hätte verkaufen können. Was jedoch immer noch besser war als der im Anschluss auftretende Tabaluga, der zwar mit der Stimme von Peter Maffay singen konnte, sich in den Sprechteilen aber eindeutig als Frau outete. Woraus sich die schöne Lehre für Kinder ergibt, dass man sich als Frau nur durchsetzen kann, wenn man sich eine Drachenhaut zulegt und als Mann ausgibt. Um es mit den Worten meiner Kindheit zu sagen: Siebenstein, übernimm Du!

Die Kika-Sommertour ist also das Oktoberfest für Menschen unter 1,35 Meter: Rumsteherei zu Stimmungsmusik und fragwürdigem Begleitprogramm, und ab einer bestimmten Uhrzeit beginnen alle, hinter das nächstgelegene Zelt zu pinkeln. Statt für Schnaps steht man zwar an, um in einem abgezäunten Bereich Malbücher zu kolorieren, und gekotzt wird nicht nach dem fünften Bier, sondern von zu viel neonfarbenem Eis-Getränk. Aber die Richtung stimmt. So erfüllt der Kika bestens seinen Auftrag, kleine Menschen auf alles Zukünftige vorzubereiten. Wie den Besuch von Volksfesten. Oder den Kauf von Volkswagen. Doch, der ist schon sehr geräumig, dieser Sharan.

  1. 20. August 2010

    […] anstellten, auf denen stand: “Ab hier noch 120 Minuten warten.” Aber das war natürlich nicht das einzige Highlight der Tour. Hier sind die anderen: zum Beispiel der große Informationsstand der Deutschen Bahn […]

  2. 20. August 2010

    LOL 😉