Es gibt Dinge, die man als Berliner zu tun lieber Touristen überlässt: Mit dem 100er-Bus fahren. Das Kanzleramt Waschmaschine nennen. Unter den Linden Kaffee trinken (und ja, Peter Hahne, damit bist auch Du gemeint). Oder auf den Plastikstühlen an Deck eines Schiffes namens Spree-Lady Platz zu nehmen und über die Spree zu schippern.
Nun hatte ich aber am vergangenen Wochenende Besuch. Der hat sich letzteres gewünscht. Und weil ich ein freundlicher Gastgeber bin und die Idee irgendwie amüsant fand, habe ich eingewilligt. Zum Glück. Denn auf dieser Flussfahrt mit trinkfesten Italienern („Eins Becks“) und anstrengenden Neu-Berlinern mit Familienanhang („Da vorne treffen wir uns immer zum Ersti-Stammtisch“) habe ich viele Dinge über die Stadt erfahren, die mir kein Mitarbeiter der Berlin Tourismus Marketing GmbH besser hätte vermitteln können.
Beginnen wir harmlos mit den Brücken. Wenn man, wie wir es taten, von der Oberbaumbrücke zur Hansabrücke fährt, unterquert man ziemlich viele von denen, die alle als „eine der schönsten Brücken Berlins“ angekündigt wurden. Ob Beton, Stahl, alt, gesprengt, neuaufgebaut – „diese Brücke ist eine der schönsten“. Na klar.
Unangenehmer wird es, wenn man die durchaus eben nicht unumstrittene o2-World passiert und lernt, dass diese Veranstaltungshalle eine große Bereicherung sei, die sich längst und sehr gut in der Stadt etabliert habe. Oder man erfährt, was für ein feines und modernes Kraftwerk das für seine Innovationen bekannte freundliche Unternehmen Vattenfall an die Spree gebaut hat.
Ebenfalls bemerkenswert war die große Lobeshymne auf den Unternehmer August Borsig, der einst an der Spree die Zulieferbetriebe für seine Lokomotivproduktion ansiedelte. „Soweit das damals möglich war, war Borsig sehr sozial“ lautete die Interpretation des Touriführers, der als Beweis für diese Theorie die Tatsache anführte, dass Borsigs Mitarbeiter sonntags frei hatten. Ein Zugeständnis, mit dem sie vermutlich von dummen Ideen wie proletarischen Revolutionen fern gehalten werden sollten, nehme ich an.
Mein persönlicher Favorit in Sachen Regions-Propaganda waren jedoch die Kommentare zum Stadtschloss, das „zum Glück“ wieder aufgebaut werden soll, nachdem es „leider aus falschem Geschichtsverständnis gesprengt worden war“. Ganz Recht, diese Bootsfahrt wurde Ihnen nicht nur präsentiert von Vattenfall, o2 und Borsig, sondern auch einem Haufen reaktionärer Politiker, die wir Regierungskoalition nennen. Und denen ich nicht verzeihe, dass sie sich zwar guerillamäßig in Stadtführungen einkaufen, aber nicht darauf achten, dass sich dieses Sponsoring auch in den Ticketpreisen niederschlägt.