Juliane Schader

Volker Herres Internetgott

Als Mensch in der Öffentlichkeit hat man es auch nicht leicht. Ständig wird jedes Wort auf die Goldwage gelegt, jede Bekleidungsentscheidung haarklein analysiert, und wenn es besonders dicke kommt, dann schnappt sich im Internet jemand Deine Identität und bestellt entweder tausend Topfsets auf Deinen Namen oder gibt sich gleich bei Twitter als Du selbst aus.

Aktuellstes Opfer letzterer Schikaneart ist ARD-Programmdirektor Volker Herres. Zumindest hoffe ich, dass es so ist. Denn auch, wenn vom Account Volker_Herres harmlose Tweets mit Programmhinweisen und Brecht-Zitaten gepostet werden, die vielleicht sogar vom Herrn Herres oder einem seiner Mitarbeiter selbst stammen könnten. Seitdem vor drei Tagen mit einem Hinweis auf den aktuellsten Presseclub ein Link auf diese Website gesetzt wurde, glaube ich stark an ein Fake.

Beginnen wir mit der Analyse auf der Startseite, auf die – in etwas erweiterter Form – der Lebenslauf von Herres gestellt wurde, wie er auch unter daserste.de. nachzulesen ist. Nicht unplausibel, wenn nicht das Layout aus Zeiten stammte, bevor Willy Brandt den Knopf für das Farbfernsehen fand, und oben in der rechten Ecke unter „Über diese Page“ Folgendes zu lesen wäre:

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Ja, hier hätte man den Blindtext ersetzen können… aber das kann ja mal passieren.

Absurder wird es, wenn man sich durch die zehn angebotenen Navigationspunkte klickt. Von denen allein drei eingenommen werden von Interviews mit dem Fokus, Horizont und dem Mediummagazin, hier als medium-online anonymisiert. Und noch schöner, wenn man sich dafür interessiert, welche Videos Volker Herres wohl unter seine Seitenbesucher gebracht haben will. Bzw. wie er es tut:

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Meine absoluten Favoriten sind aber die freundlichen Smileys, die mich zu Botschaften im Gästebuch animieren sollen:

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Und die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme. Über v.herres@gmx.de.

Die Homepage hat kein Impressum; die Endung .de.tl bekommt man, wenn man sich hier kostenlos aus dem Homepage-Baukasten bedient. Alles spricht also dafür, dass es sich bei der Seite um ein kleines Privatprojekt eines großen Herres-Fans handelt, der regelmäßig die Zeit findet, die aktuellen Themen des Presseclubs online zu stellen. Und offensichtlich keine Ahnung hat, wie man Links setzt und Videos einbettet.

Alles kein Problem. In einer gewissen Art sogar rührend. Wenn der Betreiber der Seite nicht auch noch versuchte, mit seinem Hobby Geld zu verdienen und Werbung eingebettet hätte. Was dann unter anderem – wir kommen zum großen Finale – so aussieht:

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Und nochmal in Großaufnahme:

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Lieber Herr Herres. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder sie sprechen dringend mit dem freundlichen Nachbarsjungen, der ihnen angeboten hat, gegen ein bisschen Taschengeldzuschuss eine persönliche Website zu bauen. Oder Sie schreiben eine Mail an v.herres@gmx.de und finden heraus, welcher Mensch da in ihrem Namen für das lustige Handyspiel mit dem Nacktscanner wirbt. Das Ergebnis ihrer Recherche würde übrigens auch mich interessieren. Ich persönlich tippe ja auf Anne Will.

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Update (13. Oktober, 14 Uhr)

Offensichtlich hat sich jemand der Seite angenommen. Alle Inhalte sind weg, nur der Namen steht noch da. Und natürlich die Werbung.

  1. 13. Oktober 2010

    die anzeigen wechseln doch nach jedem refresh. die menüpunkte wurden wohl auch entfernt. schade.