Juliane Schader

Mit dem Affen nicht in die Bannmeile

Ich liebe diese Stadt. Aus Gründen. Einer davon saß vorhin mitten auf einer Nebenstraße im Prenzlauer Berg, wo er sich mit Hilfe von Zaunteilen der benachbarten Baustelle eine etwa acht Quadratmeter große Fläche abgegrenzt hatte. In deren Mitte er in der prallen Sonne auf einem Campingstuhl thronte und frenetisch klatschte. Lang anhaltend bis dauerhaft, während die Bauarbeiter direkt neben ihm etwa aus Höhe des vierten Stocks Fassadenteile auf den Gehweg fallen ließen. Priceless.

Hundert Meter weiter war, wie in Berlin üblich, schon die nächste Baustelle. Auch hier wurde ein Haus saniert, am Gerüst klebte eine große Piratenflagge: Diese Bauarbeiten werden ihnen präsentiert von Gerüstbau Systemfeind. Langsam begann ich an meiner Wahrnehmung in Zeiten der Kraken-Depression zu zweifeln, aber zum Glück bewies das Internet schnell, dass das alles seine Richtigkeit hatte. Hier.

Wieder zu Hause warf ich einen Blick in mein E-Mail-Postfach. Da lag noch die Mail aus der Pressestelle des Berliner Senats von gestern. Mit einem Hinweis auf folgenden Pressetermin: „Senatorin Lompscher startet Berliner Aktionsprogramm gegen Ambrosia“. Das vermutlich noch auf Thilo Sarrazin zurückgeht und seinen ewigen Kampf, die Berliner zur sparsamen Ernährung zu bewegen. Ambrosia schenkt vielleicht Schönheit und ewiges Leben, aber warum sollte man darauf setzen, wenn man auch erhöhtes Cholesterin dank Bockwurst haben kann?

Beim Lesen des Namens von Frau Lompscher fiel mir dann auch wieder ein, wofür sich die Linken-Politikerin zuletzt eingesetzt hatte. Nein, es hatte weder etwas mit steigenden Mieten oder dem Streichen des Elterngeldes für Hartz-4-Empfänger zu tun, sondern es ging um das Verbot von Wildtieren bei Zirkusvorstellungen in Groß-Berlin. Denn es ist eines der dringensten Probleme dieser Stadt, dass vagabundierende Zirkusse ihre Löwen und Elefanten nicht an der Stadtgrenze stehenlassen wie andere Leute ihre Autos mit roter Feinstaubplakette, sondern sie sich nicht nur innerhalb des S-Bahnrings aufhalten, sondern dort auch auftreten dürfen. Das sollte man wirklich verbieten, da ist der Berliner Senat mal gefragt! Baut mit Gerüsten vom Systemfeind Koppeln auf irgendwo in Brandenburg, stellt Campingstühle rein und lasst Affen dort den ganzen Tag Ambrosia-trinkend klatschen, bis die Clowns genug Geld verdient haben, dass man gemeinsam weiterziehen kann.

Man muss Berlin wirklich lieben. Genau darum.

  1. 19. Dezember 2013

    Komme selbst nicht aus Berlin und kann daher selbst nicht gerade aus Erfahrung sprechen, aber das klingt ja schon eigenartig. Ob verlockend oder abschreckend ist dann wiederum Auslegungssache… aber Berlin ist sicher eine Stadt für sich.