Juliane Schader

Vom Suchen und Finden von – Wohnungen

Das Schöne am Wohnungssuchen ist doch, dass man es darin in so kurzer Zeit zum absoluten Expertentum bringen kann. Drei Wochen reichen völlig aus, und schon kennt man sich bestens aus mit günstigen, akzeptablen und völlig unverschämten Netto-Kalt-Quadratmeterpreisen, der in einer Küche benötigten Anzahl von Steckdosen und der richtigen Antwort auf die Frage, wie oft eigentlich die Müllabfuhr kommen sollte, wenn der Hausbesitzer im Hof nur eine Tonne für 30 Haushalte aufgestellt hat. Von der Fähigkeit, auf Anhieb sagen zu können, in welche Himmelsrichtung der Balkon wohl weist und seit wie vielen Jahrtausenden man schon ohne Mietschulden durchs Leben geht, ganz abgesehen.

Fragen Sie das alles mal jemanden, der gerade einfach nur wohnt: Auf die Frage nach dem Quadratmeterpreis hört man meist, die Kaltmiete müsse man erstmal nachsehen und im Kopfrechnen sei man noch nie gut gewesen. Geheizt würde über die lustige weißen Dinger an der Wand, die Hausverwaltung sei wohl akzeptabel, zumindest habe man von denen seit der Vertragsunterschrift vor neun Jahren nichts mehr gehört, und die Hälfte der Steckdosen funktioniere halt nicht, das sei schon immer so gewesen.

Das Schreckliche am Wohnungssuchen ist, dass man selbst auch schon mal gewohnt hat. Und nun weißt, wie man es beim nächsten Mal auf keinen Fall haben möchte. Ein Schuster im Erdgeschoss etwa ist mittlerweile für mich ein absolutes Ausschlusskriterium. Außer, er hat ein großes Schild im Fenster hängen: „Ich schleife niemals Absätze, und schon gar nicht morgens in der Zeit zwischen sechs und sieben.“

Auch eine Nachbarin, die, je nach Jahreszeit, ihren Wohnungseingang mit kleinen Terracotta-Hasen, -Blumenkörben, -Igeln und -Weihnachtsmännern dekoriert, macht mich misstrauisch. Denn wer Zeit dafür hat, so etwas nicht nur zu kaufen, sondern auch aufzustellen und regelmäßig und vor allem pünktlich auszuwechseln, tätigt vermutlich täglich Kontrollanrufe, ob Du das warst, der die Papiertonne mit Pappe überladen hat. Und klingelt, wenn man um 14:55 Uhr und damit vor Ende der Mittagsruhe zum Staubsauger greift.

Weiterhin brauche ich nicht noch einmal an einer großen Straße mit Tram vor der Haustür zu leben, deren Gleise regelmäßigen Schleifbedarf aufweisen. Fenster in allen Zimmern halte ich für angebracht. Und wenn bei den vorangegangenen Renovierungsarbeiten nicht aus Versehen der Telefonanschluss mit eingemauert wurde, fände ich das auch eine feine Sache.

Kurz: Eine bezahlbare Wohnung mit Fenstern, Türen und innenliegendem Bad wäre fein. Manchmal gibt es so etwas sogar in Berlin zu finden, zu erkennen an dem Wort „luxusmodernisiert“ in der Anzeige. Das ich übrigens gerne bei Zeiten mal patentieren ließe, denn während man zumindest in meiner Welt damit Marmorbäder, Tropenholztüren und gläserne Aufzüge assoziiert, bedeutet das in Berlin lediglich, dass die Wohnung Waschgelegenheit, Türen und eine Zugangsmöglichkeit zur Außenwelt besitzt. Die Preise dafür orientieren sich dann aber doch eher an meiner eigenen Luxus-Definition, was mich innerlich auf eine Zukunft in Marzahn einstellen lässt. Ist schließlich alte Tradition, dort die Menschen hin zu schicken, die keine Kohleheizung und gerne fließend Wasser ist der Wohnung hätten.

  1. 3. März 2011

    Vor dem Krieg waren die Klos noch außen. Manche hatten gar keins und haben einfach auf die Straße gesch… So sahs doch aus. Jetzt hab ich das Klo innen und alles ist fein? Pustekuchen! Jetzt hab ich eine hohe Miete und überlege, wie ich es anstelle, reich zu werden, damit ich mir die Wohnung noch leisten kann. Ich spekuliere auf einen Lottogewinn. Mit Aktien bin ich ja leider baden gegangen. Und schenken will mir auch keiner was. Schade aber auch. Meine Erna kuckt auch schon immer ganz unwirsch und ärgert sich, was für einen Typen sie da geheiratet hat. Dabei bringe ich doch immer den Müll runter, was nun wirklich genug der Hausarbeit ist.