Juliane Schader

Ohne Worte, aber mit Bild

Es ist nicht so, als ob ich web.de besuchen würde, wenn ich mich mal richtig seriös informieren wollte. Eigentlich möchte ich vor allem meine E-Mails abrufen, und wenn ich nebenher erfahre, was es Neues von Daniela Katzenberger gibt, stört mich das nicht. Ich kann ja, wie man es im flash-animierten Internet gelernt hat, einfach darüber hinwegsehen.

Zumindest meistens. Gestern allerdings wurde auf der Startseite ein Thema angeteasert, dass mich gerade durch seine Abartigkeit dazu zwang, einmal weiterzuklicken: „Prominente mit Alzheimer: Diese Stars glitten unaufhaltsam in das Land des Vergessens“.

Alzheimer, Sie erinnern sich vielleicht, ist diese lustige Krankheit, die Löcher ins Gehirn frisst und Menschen dazu bringt, nicht nur bei Minusgraden mal die Straße mit dem Wasserschlauch abzuspritzen, sondern sich auch mit der Zahnbürste die Haare zu kämmen und die eigenen Kinder für Fremde zu halten. Ein hervorragendes Thema also, um eine Bilderstrecke mit Prominenten daran aufzuhängen, schließlich sind genau die doch ein Garant für Klicks, Zusammenhang offensichtlich egal.

Welche bekannten, an Alzheimer erkrankten Personen web.de nun genau zusammenrecherchiert hat, kann ich leider nicht genau sagen, da ich bereits beim vierten von zehn Bildern aufgeben musste. Diese Kombination aus Hochglanzfoto, falscher Betroffenheit und unglaublich schlechtem Bild-Text-Zusammenhang war mir dann doch zu viel (eigentlich sollte man so etwas wirklich nicht weiterverbreiten, aber dieser eine Beweis muss doch erbracht werden):

„Oft werden Alzheimer-Kranke von ihrer Familie wegen ihrer Hilflosigkeit entmündigt“, steht unter diesem Bild, hinter dem ich mal eine Filmszene vermute. Was nicht stimmen kann, aber der Realität sicher näher kommt als die Annahme, man sähe hier die hilflose, alzheimerkrankte Rita Hayworth, von ihren Angehörigen entmündigt.

An Tagen, an denen man sich nicht den Welt-Alzheimer-Tag als Aufhänger wählt, baut man bei web.de übrigens Klickstrecken über schönheitsoperierte Möchtegern-Sternchen, unglaublich fettige Fantasie-Speisen und erklärt die Abkürzungen auf Attesten. Wobei letzteres wohl die sinnloseste Bilderstrecke der Welt ist, da man das Thema nicht mit entsprechenden Krankheits-Symbolfotos bebildert hat, sondern sich für die kryptischen Abkürzungen und ihre Übersetzung im Großdruck entschieden hat.

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Alles spricht dafür, dass sich eine Schar von Affen des Redaktionssystems von web.de angenommen hat, denen man vor Arbeitsbeginn noch das Herz entfernt hat. Von allen sich aufdrängenden, aber doch schlechten Witzen zum Thema Gehirn möchte ich in diesem Zusammenhang mal Abstand nehmen.