Juliane Schader

Reich und Schön mit Kaiserschmarrn

Um den Witz vorweg zu nehmen: Ja, ich nenne es Arbeit – zu Hause zu sitzen, Zeitung zu lesen, wahllose Internetsurferei als Recherche zu verkaufen und darauf zu hoffen, dass vielleicht doch einer der potentiellen Arbeitgeber, der nicht auf mich gewartet hat, realisiert, dass er es doch getan hat. Mein Konto verzeichnet keine Eingänge, die Arbeitsagentur möchte die Bearbeitung meines Antrags auf Gründungszuschuss offensichtlich lieber auf einen späteren Termin verschieben, und heute war schon wieder Post von diesem Inkasso-Unternehmen im Briefkasten. Adressiert an einen ehemaligen Bewohner meiner WG, aber dramaturgisch dennoch passend.

Ein sehr guten Zeitpunkt also, um gestern den Abend mit Menschen zu verbringen, die tagsüber durch Brandenburg gefahren waren, um sich Gutshöfe mit hektarweise Land und Wald anzusehen. Und diese zu kaufen. Leider kenne ich mich mit Nutzholzanbau, der Klassifizierung von Böden nach Punkten sowie der Erschließung von Fördergeldern der EU für jungdynamische Großgrundbesitzer eher mäßig aus, aber offensichtlich ist es ein lohnendes Geschäft. Das jedoch zum gestrigen Zeitpunkt daran scheitern musste, dass das besichtigte Gutshaus kurzfristig abgebrannt war und der Bodenbelag sich bei näherer Betrachtung als feinster Strandsand herausstellte. Falls die Bar 25 doch eines Tages ihre endgültig wirklich jetzt aber richtig allerallerletzte Saison in Berlin hinter sich gebracht haben sollte, findet sie in der Nähe von Wittenberge also ein passendes neues Zuhause. Die angehenden Großbauern mussten jedoch erstmal vom Kauf absehen. Obwohl sie vom Besitzer, Pächter, Bürgermeister und Katasteramtzuständigkeitshabenden jeweils voller Zuversicht als neue Nachbarn empfangen worden waren.

Die Enttäuschung über diesen Brand-bedingten Rückschlag mussten die beiden Jungs – erwähnte ich, dass wir einst gemeinsam Abi machten? Ja, Väter mit Landmaschinenhandel müsste man haben. Not. – dann in angemessener Weise verarbeiten. Und was könnte besser gegen Shoppingfrust helfen als die Einkehr in ein westberliner Etablissement mit Landgasthofcharme, das sein Essen auf ovalen Tellern serviert, weil eine herkömmliche Rundung einfach nicht ausreicht, um ganze Schweine und die komplette Ernte eines Kartoffelackers in frittierter Form unterzubringen?

Persönlich empfehlen kann ich den Kaiserschmarrn, der meine erste Wahl wäre, wenn es darum ginge, welche drei Dinge ich im Falle eines Atomkriegs mit in den Bunker nehmen wollte. Schließlich kann man von diesem Werk aus 20 Eiern, Mandeln, Kirschen und dem Inhalt diverser Dosen Sprühsahne nicht nur bequem wochenlang überleben. Es eignet sich sicher auch zur luftdichten Absicherung gegen die Außenwelt, und wenn ich die Tatsache, dass der Essensberg trotz großer Bemühungen aller Anwesenden nicht zu schrumpfen schien, richtig interpretiere, vermehrt er sich sogar selbstständig.

Der Abend endete dann mit dem Auftritt eines reichen Onkels, der wohl auf 240 Quadratmetern in Wilmersdorf haust und lustig von Klienten zu erzählen wusste, die sich in Erbschaftsstreitereien um 250 Immobilien in Süddeutschland nicht einigen konnten, sodass jeder der 87 beteiligten Erben nun 1/87 an 250 Immobilien in Süddeutschland besitzt. Being rich never easy. Ich geh dann jetzt mal zum Netto.

  1. 27. April 2010

    Ich drücke dir die Daumen. Ansonsten feut mich dieser Text schon sehr. Da steckt schon das Set-up für einen kleinen Balzac drin. Und die wirtschaftlichen Verhältnise beginnen ja gerade, richtig interessant zu werden. Wer weiß, wie viele Kredite in den 250 Immobilien noch schlummern („Leverage“). Und die Investition in die brandenburgische Forstwirtschaft könnte sich im weiteren Verlauf auch noch als existenziell niederschmtternd erweisen. Während die arme Journalistin, über die die reichen jungen Erben jetzt nur hinter ihrem Rücken leise lachen („Die Arme, wann lässt sie endlich den Idealismus fallen?!“) unaufhaltsam aufsteigt, als Nachfolgerin Anne Wills Millionen pro Woche scheffelt, in die Politik geht etc etc. … Also bitte mehr Beobachtungen aus dem Leben zwischen Nichts und Nicht-wissen-wohin-und-wozu.

  2. 28. April 2010

    […] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Diana, Juliane erwähnt. Juliane sagte: Wie ich einen Atomkrieg überleben werde oder Ab heute wird zurückgebloggt: http://tinyurl.com/34r5yow […]

  3. 28. April 2010

    nice, nice… musste doch sehr schmunzeln, denn ich hab beim lesen des ersten satzes ueber den geplanten erwerb eines brandenburgischen gutes gleich an den landmaschinen-firmen-juniorchef gedacht… und es war des raetsels loesung. fantastisch.

  4. 29. Mai 2010

    Wirklich cool! Ich hab mir den Blog sogleich mal abonniert.