Juliane Schader

München, wir haben ein Problem

Man kann ja viel über Bayern im Allgemeinen und München im Speziellen sagen, aber eins muss man beiden lassen: Ihre Abwehrkräfte funktionieren hervorragend. Zumindest, wenn man den Dauerregen als Versuch des Immunsystems interpretiert, mich als Berliner Fremdkörper schnellstmöglich wegzuspülen.

Das war also München: Eisige Temperaturen, Regen und Menschen in Deutschlandtrikots, die nach der Schmach gegen Belgrad mit erhobenem rechten Arm „Scheiß Jugoslawen“ intonierten. Dabei nicht reflektierend, dass sie das auf Guantanamera taten und dazu von Vuvuzelas begleitet wurden.

Doch es war nicht alles schlecht, man kann ja aus jeder Erfahrung lernen. Womit wir zu meinen Top Fünf der Dinge kommen, die ich in Süddeutschland erfuhr:

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Wer gerne ein Pferd hätte, es aber zwischen Couchtisch und Schrankwand nicht unterzubringen weiß, kann es einfach unter Tage halten.

In einem Schacht. Wo es sich bei der Gelegenheit auch gleich nützlichen machen und beim Kohleabbau helfen kann. Zumindest behauptet das das mit einem anschaulichen Fake-Bergwerk unterkellerte Deutsche Museum. Was angesichts der Münchner Wohnungsnot doch eigentlich längst findige Vermieter auf den Plan hätte rufen müssen. „Leben, wo der Erdkern pulsiert“ könnte der dazugehörige Slogan lauten.

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Schäbige Abstell-Vorrichtungen für benutztes Geschirr sehen viel bürgerlicher aus, wenn man sie bepflanzt.

Im Idealfall, leider hier nicht im Bild, nutzt man dazu Geranien, Vergissmeinicht oder immergrüne, winterharte Bodendecker.

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Die wahre moderne Kunst findet man nicht etwa in der Pinakothek, sondern als Wandschmuck von Hotelzimmern im Bahnhofsviertel.

„Das exzessive Thema des Bildes korrespondiert hervorragend mit den dadaistischen Elementen in der Beindarstellung durch den Künstler, der seine wahre Größe vergeblich hinter einem naiven Pinselstrich zu verstecken weiß“, heißt es dazu im Ausstellungskatalog. Wenn es die im Nebenzimmer eincheckenden Trucker oder die ab sieben Uhr tätige Putzfrau nicht schaffen, einem den Schlaf zu rauben – diesem Bild gelingt es garantiert.

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In München kann man ausschließlich BWL und Jura studieren.

Zumindest erweckte der Kleidungsstil der Menschen, die sich in der Uni aufhielten und daher von mir vorschnell als Studenten eingeordnet wurden, diesen Eindruck. Was nicht ausschließt, dass ich just in dem Augenblick den übrigens seit Sophie Scholls Zeiten nicht mehr erneuerten Hörsaal besichtigte, als eine Gruppe Investmentbanker sich über die Möglichkeiten eines Zweitstudiums informierte. Hoffentlich diesmal im sozialen Bereich.

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Und (Top Fact): In München gibt es kleine Geschäfte.

Schließlich müssen die Bayern ihre Trachten und ihren FC Bayern-Fanbedarf ja auch irgendwo kaufen. Was es nicht gibt, sind Spätkaufs. Das könnte aber daran liegen, dass man im Bayern schon vor Mittag mit dem Trinken anfängt und demnach nach Geschäftsschluss gar keinen Nachschub mehr braucht (siehe -> Komasaufen).

Womit es Zeit für ein Fazit ist: In Sachen Unterhaltung durch Absurdität bietet München zwar einiges, bleibt aber hinter China leider weit zurück. Auch der Versuch, daduch meine Heimatgefühle zu wecken, dass man Menschen mit Teleskopgreifern in Müllcontainern nach Pfandflaschen suchen ließ, war vergeblich. Und der Kaffee in Puppenstubentässchen zu Riesenpreisen gab mir den Rest. Natürlich gibt es einige schöne Ecken. Aber um die genießen zu können, sollte man das nächste Mal wirklich im Sommer hinfahren.