Juliane Schader

Der DJV und wie er die Welt sah

Heute war ich bei der kostenlosen Steuerberatung durch den Berliner DJV, und nein, dass ich darüber mal zu Bloggen das Bedürfnis haben würde, hätte ich jetzt auch nicht unbedingt erwartet. Aber die knappe Viertelstunde, die ich in den heiligen Hallen – oder sagen wir doch gleich: dieser ganz eigenen Welt verbringen durfte, waren so reich an Erkenntnissen, dass ich diese unmöglich für mich behalten kann.

Sie sehen die schönsten Zitate der Steuerberaterin im Auftrag des DJV, versehen mit hämischen erklärenden Bemerkungen von mir.


 „Sagen wir mal, Sie erbringen eine journalistische Leistung, zum Beispiel: eine Pressemitteilung.“

Dass man beim DJV einige Schwierigkeiten damit hat, Journalismus von PR zu unterscheiden, habe ich schon öfter beobachtet. Aber so schön auf eine Formel gebracht hatte man es bislang noch nicht.

“ Ach, und da gibt es Leute, die einfach so ins Internet schreiben?“

Es gibt ein Leben jenseits von Spiegel Online. Faszinierend.

„Wer sollte denn dafür bezahlen?“

Von der Erkenntnis, dass Online-Journalismus jenseits großer Verlage existiert, zur Analyse des Refinanzierungsproblems in fünf Sekunden – Respekt. Wobei es schon ganz schön schmerzt, so unverblümt ins Gesicht gesagt zu bekommen, dass Journalimus im Internet ein unverkäufliches Gut ist, und ich mal besser Steuerberaterin geworden wäre.

„Und warum überweist man das Geld erst an diese Firma und nicht direkt an den Autor?“

Was sich Menschen fragen, denen man gerade erklärt hat, was Flattr ist.

„Das klingt ja interessant mit diesem Internet. Da sollte ich mich vielleicht mal kundig machen, falls noch mal jemand kommt, der dazu etwas wissen will.“

Kann man machen. Man kann sich aber auch darauf verlassen, dass es in den nächsten fünfzig Jahren noch Printredaktionen mit Festangestellten geben wird, die sich beraten lassen wollen, ob sie ihre Tweed-Jacketts als Arbeitskleidung absetzen können.


Eine Steuerberaterin ist eine Steuerberaterin ist keine Journalistin, das ist mir schon klar. Aber so wenig Ahnung vom Beratungsgegenstand hatte wohl zuletzt der Mann im Berufsinformationszentrum zu Soest, der mit erklärte, um Journalistin zu werden, sollte ich mich an einer Filmhochschule bewerben.

Erwartet hatte ich, dass man mich einfach auslacht, weil ich mich fürs Geldverdienen mit Journalismus im Internet interessiere. Bekommen habe ich eine kleine Zeitreise und die Erkenntnis, dass ich jetzt wirklich kündigen sollte.

  1. 17. März 2015

    Du könntest natürlich auch mit dem DJV sprechen, damit die einen besseren Berater ran schaffen. Das würde dann zumindest Teilnehmern bei zukünftigen Beratungen helfen 😉

    Für mich klingt das ja ohnehin nach einem externen Berater, da kann man wohl leider auch mal ins Klo greifen.

    Ich zumindest habe noch niemanden beim DJV getroffen, der so wie diese Nullnummer von Berater denkt. Ganz im Gegenteil sogar.

  2. 17. März 2015

    Hab Erbarmen! Ist doch klar, dass es unter Steuerberatern Eumel gibt, die keinen blassen Schimmer von freiberuflicher journalistischen Arbeit haben. Da muss man halt immerzu ermuntern und erklären. Ob bei djv, dju und ver.di oder wie sie sonst noch alle heißen mögen: solche Eumel gibt es überall. Sogar bei Steuerberatern, die Du für teuer Geld bestellst und bezahlst.

  3. 17. März 2015

    Unabhängige Journalisten tendieren dazu, kritisch zu sein. Oder, noch schlimmer, gar investigativ. So etwas gefährdet die Strategien zur Machterhaltung. Und die Interessen des Bürgers werden von den Mächtigen gelenkt. Insofern hätte ich also auch erwartet, angesichts der Idee, mit unabhängigem Journalismus im Internet Geld verdienen zu wollen, ausgelacht zu werden. Aber Steuerberater zählen nicht unbedingt zu den Eingeweihten in diesem Krieg der Reichen gegen die Armen.

  4. 17. März 2015

    waren sie im richtigen zimmer?

    das klingt mehr nach gründungsberatung.

    or like the argument sketch.

    .~.

    • 17. März 2015

      @dot tilde dot

      @ dot tilde dot
      Gute Frage. Vermutlich beruhte alles auf einem Missverständnis und die Dame auf der anderen Seite des Tisches wollte von mir beraten werden, wie man eine Online-Zeitung gründet. Bleibt nur die Frage: an wen schicke ich jetzt meine Rechnung?

  5. 18. März 2015

    Muss das nicht Tweet-Jacketts heißen?

    • 18. März 2015

      @jw

      @jw
      Nee, das mit dem Tweets besprechen wir erst in der nächsten Lektion.