Juliane Schader

One More Time

Als Kind hätte ich gerne eins dieser praktischen Plastetiere gehabt, die man in der Hosentasche mit sich herumschleppen und bei Bedarf füttern, streicheln oder ins Bett bringen konnte. Doch meine Eltern hielten nichts von Tamagotschis oder von für den Erwerb nötigen Taschengelderhöhungen. Als Kind hat man es auch nicht leicht.

Irgendwann entdeckte ich die Viecher dann in einer Ramschkiste, abzugeben im Doppelpack für ein Viertel des Preises. Seitdem ich im Jahr 2008 meinen ersten Gameboy bekam, weiß ich: Verpasste Kinderheitswünsche kann man schwerlich nachholen. Und wenn Tamagotschis für einen Spaßpreis zu haben sind, ist deren Besitz dem Coolnessfaktor in etwa so zuträglich wie sich zur Klassenfahrt im Bus ganz nach vorne zu setzen.

And now for something completely different.

Das Time-Magazin hat mir wieder geschrieben. Und wieder. Und wieder. Und wieder.

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Wie schwer es war, das Abo im Sommer zu kündigen, hatte ich an dieser Stelle schon erläutert. Tatsächlich wurde die Zustellung inzwischen eingestellt. Die Brieffreundschaft aber nicht.

Auf den „Special Alert“ anlässlich meines auslaufenden Abos folgte die „Final Notice“, der „Welcome Back!“-Brief sowie der „Final Sale“ bzw. das „Final Renewal Offer“. Angeboten wurden mir zuletzt 52 Ausgaben für 30 statt 234 Euro. Ich bin jetzt kein Experte für Wertverfall, habe aber die dumpfe Ahnung, dass man in der Aboabteilung von Time das eigene Produkt für in etwa so attraktiv und erstrebenswert hält wie Spliss, ein Atommüllendlager im Vorgarten oder ein Zimmer in einer WG mit Walter Freiwald.

Immerhin ist dieses letzte Angebot verbunden mit der Ansage. „We’ll never offer you this deal again“.

Wenn es denn wenigstens so wäre!

Meine Eltern waren, ich hatte es angedeutet, in ihren Erziehungsidealen recht konsequent. Dank Time weiß ich es jetzt, wie es mir in einer etwas antiautoritärer angehauchten Familie ergangen wäre:

„Das ist mein letztes Wort. Na gut, das war es jetzt noch nicht, aber das nächste wird es sein, mein allerletztes Wort. Ach nee, doch nicht. Jetzt aber: das allerallerletzte. Na gut. Einmal noch: Jetzt ist aber Schluss. Oder zumindest gleich. Bald. Bald ist Schluss! Irgendwann muss doch mal Schluss sein! Schluss jetzt! Wirklich. Na gut, ich zähle bis drei: Eins, zwei, … nochmal, jetzt im Ernst. Ich meine es ernst! Mein letztes Wort!…“

Für soetwas fehlt mir die Geduld. Womit Time mir zu der Erkenntnis verholfen hat, dass ich eher Familie Ülüglü mit meiner Finanzverwaltung beauftrage, als noch einmal ein Print-Abo abzuschließen.

Basta.

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