Juliane Schader

Wo die wilden Menschen wohnen

In meiner Welt gilt es über Weihnachten zwei Dinge vorrangig zu erledigen, nämlich gute Bücher zu lesen und schlechte Filme zu schauen. Damit Ersteres gut gelingt, hilft es, rechtzeitig eine Wunschliste bei Mama zu hinterlegen (Ich kann jetzt „Secondhandzeit“ sehr empfehlen). Um Letzteres kümmert sich in Deutschland das öffentlich-rechtliche Fernsehen.

Das ist, wir erinnern uns, diese lustige Bande Fernsehmacher, der wir jeden Monat ordentlich viel Geld geben, damit sie uns mit unabhängiger Information, Bildung und Unterhaltung versorgt, wobei offenbar niemals alle drei Sachen gleichzeitig gelten dürfen und somit etwa eine Unterhaltungssendung unter keinen Umständen informativ oder bildend sein darf.

Anders kann ich es mir jedenfalls nicht erklären, wie die ARD es am Sonntagabend schaffte, eine Sendung namens „Traumhotel: Peking“ zu senden, in der zwar oft ein Traumhotel zu sehen war (wenn denn ein Hotel mit Marmorfliesen der Traum ist), jedoch eine Stadt, die aufgrund akuten Smog- und Menschenmangels höchstens Peking in Brandenburg hätte sein können. Wogegen jedoch sprach, dass die ausschließliche Fortbewegungsform so aussah:

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(Besonders schnell fährt der Fahrer übrigens, wenn ihm Peter Weck aufmunternd auf den Rücken klopft und „Allez“ dazu ruft. Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien!) Taxis machen in einer Stadt von der Größe Pekings ja auch gar keinen Sinn.

Und ein alter Mann so:

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Internationale Castingagenturen verzweifeln ja mittlerweile daran, dass deutsche Fernsehsendungen bei der Auswahl alternder Chinesen darauf bestehen, dass diese nur einen Zahn zu besitzen haben. Aber was soll man machen? Der deutsche Zuschauer will es halt so: Nur echt mit dem einen Zahn.

Und als zum großen Finale das zwischenzeitlich getrennte junge, deutsch-chinesische Paar heiratete, sah das selbstverständlich so aus:

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Junge Großstädter sind halt bekannt dafür, alte Traditionen bis ins letzte Detail fortzuführen. Und wenn Sie sich jetzt fragen, ob der junge Mann im Rollstuhl links im Bild am Ende wieder laufen kann: Selbstverständlich.

Ja, arbeite ich mich hier gerade wirklich am Bild von anderen Kulturen in deutschen Fernsehfilmen ab? Ganz recht: Einer muss es ja mal machen. Was uns direkt zum zweiten deutschen Fernsehen sowie Beispiel des Tages bringt, dem Traumschiff.

Dort reiste man an Neujahr nach Perth, und wenn man schon in Australien ist, will man selbstverständlich auch Australier treffen, und zwar in der Wüste, wo sie natürlich unerwarteter Weise drei gestrandete Reisende hinter einem Hügel erwarten, und das sieht dann so aus:

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Natürlich freunden sich Eingeborene und Reisende gleich an, und schon nach wenigen Stunden sprechen sie die gleiche Sprache – nun gut, zumindest Zeichensprache.

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Was die Frau links gerade gestikuliert bedeutet übrigens in etwa, dass die Aborigines auf dem Traumschiff angerufen haben und schon morgen früh von dort ein Jeep geschickt wird, um die verschollenen Damen von den Wilden wieder abzuholen.

Die Bilder, wo drei deutsche Frauen unrhythmisch diese sprachlich völlig unterentwickelten Ureinwohner beim Tanz beklatschen, erspare ich uns hier jetzt.

Dafür habe ich zum Schluss noch zwei Dinge, die ich wirklich beim Traumschiff gelernt habe: Australien mag zwar groß sein. Aber auf seiner Landkarte ist dennoch Richy’s Hot-Dog-Stand eingezeichnet, wo der berüchtigte Koala-Händler vermutlich zuletzt Station gemacht hat. Er befindet sich hier, etwa 1000 Kilometer nördlich von Perth.

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Und die Macher des Traumschiffs haben zwar von vielen leicht, sagen wir kolonialistische Vorstellungen. Wer auf ihrem Schiff arbeitet, ist ihnen allerdings ziemlich klar.

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Screenshots: www.mediathek.daserste.de / www.zdf.de/ZDFmediathek

  1. 10. Januar 2014

    Nä, wat is dat schön. Danke für die Lacher – obwohl es eigentlich zum Zähneknirschen ist.