Juliane Schader

Wer hat denn nun immer recht?

WP_20131203_002

Heute Vormittag habe ich mir mal das neue Museum in der Kulturbrauerei angesehen – selbstverständlich beruflich, wer kann schon vormittags einfach ins Museum gehen? (Gut, ich war da, ich kann die Frage beantworten: Rentner, Schulklassen, pensionierte Oberstudienräte, hatte ich schon Rentner gesagt? und urbane Penner wie ich.)

„Alltag in der DDR“ heißt das gute Stück, stammt von der Stiftung Haus der Geschichte aus Bonn, muss Unmengen an Geld verschlungen haben und bezieht seine Existenzberechtigung daraus, dass es im Gegensatz zum privaten DDR-Museum ohne Klischees, dafür wissenschaftlich sein möchte.

Gezeigt werden folglich: Ein Trabi mit Zelt auf dem Dach, Unmengen an Tempo-Bohnen, Schnatterinchen, ein großes Honecker-Foto und im Hintergrund läuft wahlweise „Das Lied der Partei“ oder irgendwas von Udo Lindenberg. Wäre Kati Witt im FDJ-Hemd aus der Original-Schrankwand gesprungen, Olli Geißen hätte sofort mit der Moderation einer weiteren DDR-Nostalie-Show vor Ort beginnen können. Oder könnte es noch. Die Ausstellung soll ja von Dauer sein.

WP_20131203_005

Nun sind wir Berliner ja an die Verschwendung von Steuern (fühlen die sich eigentlich einsam, wenn man sie ohne ihr Anhängsel „-gelder“ verwendet?) gewöhnt, und eine Investition mehr in eine Privatfernsehkulisse soll da nicht stören. Aber wir müssen noch über die wissenschaftlich fundierten Texte sprechen, und da wird es dann doch etwas ärgerlich.

Ich zitiere aus der Erinnerung: Die Häuser waren grau. Die Fassaden waren grau. Die Straßen waren grau. Die Autos waren grau. Fürs Essen musste man immer Schlange stehen. Immer. Es gab kaum Essen. Es gab keine Kleidung. Es herrschte Mangel an allem. Die Häuser waren grau. Die Wohnungen hatten kein fließendes Wasser. Die Mode war grau. Es herrschte Mangel. Sagte ich schon, dass die Häuser grau waren?

Und, das beste: Der Sozialismus drang tief ins Privatleben ein und das führte dazu, dass 1959 sogar das Kleingartenidyll organisert werden musste und der Verband der Kleingärtner gegründet wurde. Ich meine: Hallo?! Kleingärtner? Organisiert in einem Verband? Das hätte es im Westen… oh, Moment: Wir sprechen von Kleingärtnern? Den Typen, die sich selbst gegenseitig vorschreiben, wie viel Rasenfläche so ein Garten zu haben hat und nach welcher Himmelsrichtung die Gartenzwerge ausgerichtet werden?

Sie merken, worauf ich hinauswill: Es war ja nicht alles schlecht  Ich werde den Eindruck nicht los, dass diese Ausstellung, die mitten in Prenzlauer Berg liegt, ausschließlich von Bonn aus konzipiert wurde.

Eine Einschätzung, mit der ich übrigens nicht alleine bin. Im Gästebuch haben viele vermerkt, dass sie als Ostdeutsche, ohne die Diktatur verharmlosen zu wollen, sich auch vor der Wende herausgenommen hätten, das ein oder andere Mal glücklich zu sein, und sie sich in dieser Ausstellung folglich so gar nicht wiederfänden. Was jemanden dazu ermutigte, das Buch zu redigieren – ich nehme mir mal die Freiheit, das hier zu dokumentieren:

WP_20131203_021 WP_20131203_023

Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Und wer schreibt, dass seine Kinder Hobbys hatten und er auch in der DDR mal zufrieden war, muss bei der Stasi gewesen sein.

Sagte ich schon, dass die Ausstellung zeigen möchte, dass auch in der DDR, ich zitiere, „nicht alles schwarz und weiß war“?

Da ist dann wohl noch Optimierungsbedarf. Long way to go, Ostwestdeutschland.