Juliane Schader

Dresden, meine Perle

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In der vollen Überzeugung, hiermit Jahrzehnte des kritischen Stadtentwicklungs- und Architektur-Diskurses über den Haufen zu werfen: Ich finde, is‘ schön geworden, dieses Dresden. Und fürchte, dass ich ein wenig ausholen muss an dieser Stelle. Denn im Gegensatz zum sagenumwobenen Görlitz (hier bitte nach dem »dreibeinigen Hund« googeln) war ich schon öfter in Dresden, und das auch zu Zeiten, als ich mich noch darüber wundern konnte, dass die mitten in der Innenstadt einen alten Steinhaufen zu stehen hatten.

Damals hatten meine Eltern ihre Berufung darin gefunden, uns jedes Jahr im Sommer Richtung Osten zu kutschieren, und nicht selten war das verbunden mit einem Zwischenstopp bei Freunden in, Knallerortschaftsname, Oberhäslich. Ein Ort, dessen größte Sehenswürdigkeit nach meiner Erinnerung ein großer Feuerwehrlöschteich voller Entengrütze war. (Und wo wir Kinder immer mit dem wunderbaren Getränk Ebereschensüßmost versorgt wurden, was nicht verschwiegen werden darf angesichts der Tatsache, dass dies einfach das beste aller auf Sächsisch auszusprechenden Worte ist.) Was dazu führte, dass wir meist Tagesausflüge ins benachbarte Dresden machten. Und heute zu verantworten hat, dass ich die Prager Straße viel länger in Erinnerung hatte und mich sehr über das Wiedersehen mit dem schönen Wort »Kasematten« freuen konnte.

Doch genug der Vergangenheitsbewältigung – was macht sich denn nun das zeitgenössische Dresden? Sehr bilderbuchig, möchte ich sagen, und die genauen Beschreibungen des Areals um die Frauenkirche gerne dem Baedecker überlassen.

Aufgrund meiner persönlichen Vorliebe für Prenzlauer-Berg-von-Stadteile habe ich mich darüber hinaus ein wenig in der äußeren Neustadt herumgetrieben, was ich sehr empfehlen kann. Als Berlinerin verspüre ich zwar das leichte Bedürfnis, das Viertel mal an seinen Ecken zu packen und ein Stück auseinander zu ziehen, so dass endlich ausreichend Platz für Fußgänger, Kneipenstühle und Radfahrer auf dem Bürgersteig ist. Aber sonst sehr entspannt und angenehm, das Ganze. Zumal dort die Friseure noch »Kamm in!« und Eiscafés »Venezia« heißen dürfen und auch nach 22 Uhr das Sprechen im Außenbereich möglich, wenn nicht gar erwünscht ist. Geflaggt hatte ein freundlichen Mitbürger auf seinem Balkon mit Ährenkranz und Micky Maus. Was will man mehr?

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Außerdem führte uns eine kleine Exkursion mit dem Schienenersatzverkehr (ganz recht, da fühlt man sich gleich wie zu Hause) zu Dresdens heimlichem Star unter den Sehenswürdigkeiten, der Waldschlösschenbrücke. Deren Name in Zukunft in deutschen Standardwerken als Paradebeispiel für Euphemismus herhalten sollte. Aber wenn der Dresdener schnell in die Innenstadt möchte, dann hat er natürlich alles Recht dazu, und immerhin war er findig genug, den Verlust des Weltkulturerbe-Titels mit dem Bau einer Aussichtsplattform auf die Brücke auszugleichen. Von dort konnte ich einen sehr langsam fahrenden Bagger über die noch leere Brücke rollen sehen. Ein erhabener Moment. Nicht.

Mittlerweile geht die Reise weiter Richtung Süden, genauer gesagt nach Bayern, was für mich – vergleichbar mit Böhmischen Dörfern ist, müsste es hier richtig heißen. Aber im Gegensatz zu Bayern war ich bereits in Böhmischen Dörfern.

Nächster Stopp ist Bamberg. Hieße er Chongching, ich kennte mich besser aus.

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  1. 18. Juli 2013

    Schön, Deine Gedanken zur Neustadt. Sie ist mit ihren vier, fünf schmalen Straßenzügen einfach wirklich zu klein.