Juliane Schader

Döner-Spießer unter sich

(taz vom 29. März 2010)

Zumindest der Duft stimmt: Im Ernst-Reuter-Haus an der Straße des 17. Juni riecht es derbe nach Imbiss. Besser: nach Döner pur. Das ist ein bisschen erstaunlich, weil im ganzen großen Haus nur ein einziger Spieß gegrillt wird. Er ist quasi das Lockmittel der ersten Döner-Messe Döga am Samstag in Berlin. Sie soll sich als Branchentreffpunkt für die Unternehmen der Dönerindustrie etablieren. Und von denen gibt es ganz schön viele.

In der Halle im ersten Stock schieben sich überwiegend Männer in schwarzen Anzügen mit akkurat nach hinten gegelten Haaren durch die Gänge. Ein Beamer projiziert Dönerfotos an die Wand. Um den Stand von Yefes Sahin drängt sich eine kleine Menschentraube, schließlich stellt er mit seinem Dönerroboter eine Weltneuheit vor. „Er wurde in Izmir in der Türkei entwickelt und kann von allein Döner schneiden“, erklärt Sahin. Zwei Jahre habe die Entwicklungsphase gedauert, er selbst habe mit an der Technik gefeilt.

„Eigentlich studiere ich Multimediatechnologie in Salzburg, aber mein Onkel ist für den Vertrieb des Dönerroboters verantwortlich“, sagt er. Da sei er selbstverständlich eingebunden worden. Nun sitzt er hinter einem kleinen Tisch und spricht über den Roboter, der automatisch von oben nach unten den Dönerspieß entlangfährt und dabei dünne Lagen Fleisch abschneidet. „Um die 70 Grad heiß wird so ein Dönerspieß. Da ist es gut, wenn der Roboter einem das mühsame Absäbeln des Fleisches abnimmt.“ Ein Luxus, der fast 10.000 Euro kostet – dafür muss der durchschnittliche Berliner Imbissbetreiber vorher ganz schön lange selbst schaben. Laut Sahin haben sich in Deutschland dennoch bereits 50 Imbisse den Roboter geleistet. Im Foyer kann man ihm bei der Arbeit zusehen. Er ist es, dem die Döga ihren stilechten Geruch verdankt.

Coskun Tuna ist Organisator der eintägigen Messe, die vom Verein türkischer Dönerhersteller in Europa, kurz Atdid, ausgerichtet wird. „25 Aussteller vor allem aus dem Zuliefererbereich sind heute hier. Viermal so viele Anfragen nach Ständen hatten wir“, sagt er. Man habe jedoch erstmal klein anfangen und das Interesse innerhalb der Branche austesten wollen. Die Resonanz sei aber so gut, dass man bereits beschlossen habe, die Döga im nächsten Jahr größer zu machen.

Thomas Echelmeyer kümmert sich um die Hygiene bei der Dönerherstellung. Er arbeitet für eine Firma, die Berufsbekleidung vermietet, sie also den Unternehmen zur Verfügung stellt und sich um die Reinigung kümmert. „Gerade in der Lebensmittelproduktion ist es wichtig, dass von der Kleidung keine Gefahr ausgeht“, sagt Echelmeyer. Daher bestehen die Arbeitskittel aus einem speziellen Material und haben außen keine Taschen. „Die Dönerindustrie ist für uns ein riesiger Markt“, betont Echelmeyer – schließlich bräuchten die Beschäftigten in der Fleischproduktion jeden Tag einen frischen Kittel. Seine Firma habe extra eine türkische Mitarbeiterin mit an den Stand gestellt, zur besseren Verständigung.

Ein Konzept, das offensichtlich die meisten anwesenden Firmen befolgt haben. Alle können Deutsch – niemand spricht es. Die Döga ist in türkischer Hand, wie das Dönergeschäft insgesamt. „Es handelt sich dabei um einen geschlossenen Zirkel, das hat sich so entwickelt, jedoch nicht mit Absicht“, sagt Messeorganisator Tuna. „Den Döner kauft man halt bei Türken.“ Eine Currywurst bräuchte er nicht anzubieten.“

Da wundert es nicht, dass sich kaum externe Besucher auf die Döga verirrt haben. Einige Medienvertreter seien da gewesen, das niederländische und das tschechische Fernsehen. Und ein paar Besucher des benachbarten Flohmarktes, die aus Neugierde vorbeigekommen seien, sagt Tuna. Zu sehen sind jedoch nur die türkischen Männer in schwarzen Anzügen, wie Attila Sir. Der Berliner Dönerproduzent findet die Döga „gut.“ Gekommen ist er „wegen Kontakten“. Wiederkommen wird er „vielleicht.“ Mehr sagen möchte er nicht.

Am Stand der Berliner Stadtreinigung stehen Alexander Znidar und Murat Topal. Sie wirken etwas verloren zwischen den anderen Anbietern mit ihren Dönerbrätern, Gewürzmischungen und Fleischproben. „Bei der Dönerproduktion entstehen Abfälle, und wir erklären, wie man durch Mülltrennung Geld sparen kann“, sagt Znidar. Die Kunden seien in diesen Dingen noch nicht so gut informiert; die Kundengespräche auf der Döga würden sich jedoch nicht sonderlich von denen auf anderen Messen unterscheiden. „Speiseabfälle müssen zwar speziell entsorgt werden, aber das gilt ja für alle Lebensmittelproduzenten.“

Vor dem Ernst-Reuter-Haus herrscht der übliche Trubel des Flohmarktes. Hier riecht es nach Frühling statt nach Döner. Erst jetzt fällt der kleine Transporter auf, der seitlich des Eingangs parkt. Es ist ein Mercedes Sprinter, „extra mit Dönerkoffer“, erklärt Bülent Dogan von der Mercedes-Niederlassung Berlin. Der Wagen sei speziell dafür gebaut worden, Dönerspieße vom Produzenten zum Gastronomen zu bringen. „Den Dönerkoffer kann man bis auf minus 20 Grad herunterkühlen“, sagt Dogan. Damit könne man natürlich auch andere Lebensmittel transportieren. Doch als Mitglied im Verein türkischer Dönerhersteller bekäme man gute Konditionen beim Kauf. Der Döner ist eben nicht nur ein Essen, sondern ein eigener Wirtschaftszweig.