Juliane Schader

Geht ’ne Frau zur Bank

Unlängst kam mir aus Gründen ein Magazin in die Hände, welches sich mit dem schönen Namen „Treffpunkt“ schmückt und sich an den ausgewählten Teil der Menschheit richtet, der Teilhaber bei der Berliner Volksbank ist. Aus Zeiten, in denen mir diverse Stellenbörsen tagtäglich beibrachten, dass Festanstellungen bei handelsüblichen Presseorganen nicht in selbigen inseriert werden, habe ich mir ein gewisses Interesse für diese Art der Publikationen erhalten, sodass ich nicht umhin kam, einmal einen Blick in den Treffpunkt zu werfen. Wofür ich sogleich belohnt wurde durch ein so hervorragendes Editorial, das gänzlich vorzuenthalten ich mich einfach nicht überwinden kann:

„Liebe Leserin, lieber Leser,

vor Ihnen liegt ein treffpunkt, der wieder vollgepackt ist mit vielen guten Gründen…

(…)

…es gibt viele gute Grunde, sich mit Geld zu befassen und es möglichst zu mehren. Besonders für Frauen, deren Leben vielfach sehr bewegt verläuft – vom Heiraten und Kinderkriegen und der Jobpause bis zur Scheidung oder dem Tod des Partners. (…) „

Selten wurde das Leben einer Frau so subtil und zugleich komprimiert zusammengefasst: Heirat, Heimchen, Tod des Partners – man mag sich gar nicht vorstellen, wie unendlich bewegt dann erst das Leben von Männern sein mag: Heirat, Kinder zeugen, Alleinverdiener, Sekretärin verführt, Scheidung, zweite Heirat, Alimente, von Sekretärin gelangweilt, Tod. Die guten Gründe, sich mit Geld zu befassen und es möglichst zu mehren, drängend sich da geradezu auf.

Nach dieser Anmoderation nicht nach dem dazu passenden Artikel im Heft zu fahnden, war natürlich völlig unmöglich. Und was soll ich sagen: Ich wurde nicht enttäuscht. Oder würden Sie etwa einen Artikel nicht lesen wollen, der einen mit der Unterzeile „Altersarmut ist immer noch weiblich! Lesen Sie hier, warum es so wichtig ist, rechtzeitig ein finanzielles Polster zu sichern und wie das möglich ist“ anlockt? Auch wenn man natürlich „…und warum Männer im Alter völlig anderes Geld und daher gänzlich andere Strategien brauchen als Frauen“ ergänzen möchte.

Ohne lange darüber zu diskutieren, ob es besonders schön ist, einen Text zu beginnen mit „Die Botschaft der Frauen in Sachen Geld ist klar, und sie besteht aus nur einem Satz: WIR WOLLEN KLARTEXT!“ (im Gegensatz zu Männern, deren einzige Botschaft es ist, immer Bier zu wollen). Und ihn fortzusetzen mit zwei ellenlangen Sätzen in Bankberatersprech, die wenig sagen, aber die Worte „unkompliziert“, „transparent“, „individuell“, „unabhängig“ „Vermögensaufbau“ und „Altersvorsorge“ in die richtige Reihenfolge bringen. Möchte ich gleich übergehen zu den schönen Sätzen, die vermutlich selbst meine Oma als Zumutung empfinden würde. Etwa: „Frauen verfügen über ihr eigenes Einkommen, im Gegensatz zu ihren Müttern haben sie heute andere Erwartungen an die Finanzbrache (sic!)“. Oder „Die Ehe ist nicht mehr als Versorgungseinrichtung zu betrachten.“ Oder, im Anschluss an den Bericht einer Bankmitarbeiterin, dass Männer sich nicht so gerne von ihr beraten ließen: „Mögen Männer in der Finanzberatung auch immer noch Männer bevorzugen – Frauen lassen sich gerne von Frauen informieren. Bankerinnen berichten übereinstimmend: Sind Männer anwesend, halten sich Frauen mit ihren Fragen und Äußerungen zurück. Sind Frauen unter sich, fragen sie sachlich, ausgesprochen kritisch und haken nach, bis ihr Wissensdurst erschöpft ist.“

Ist das nicht unglaublich? Frauen können sachlich und kritisch nachfragen? Vielleicht sollte man noch mal darüber nachdenken, ob man sie nicht doch wählen lassen sollte. Denn ganz recht, dieses Heft der Berliner Volksbank hat zwar das Erscheinungsdatum Juni 2011, ist aber offensichtlich eine Neuauflage aus dem Jahr 1874, wofür übrigens auch spricht, dass man an sämtlichen Gewinnspielen mittels einer mit Stichwort zu versehenden Postkarte teilnehmen soll. Ja, ich glaube durchaus, dass der Bankensektor und die Emanzipation noch nicht ganz zueinander gefunden haben. Aber nein, Frauen deshalb wie minderbemittelte Außerirdische zu behandeln, die das erste Mal ihre Nahrung nicht durch Jagen und Tauschen, sondern als Gegenwert gegen etwas namens Geld bekommen, ist daher lange noch nicht richtig.

Der Artikel endet dann mit dem Hinweis auf viele schöne Produkte der Altersvorsorge, die die Volksbank offensichtlich völlig exklusiv für Dumme, äh, Frauen im Angebot hat. Wie die Riester-Rente. Privat-Renten. Renten-Fonds. Oder eine Berufsunfährigkeits-Versicherung.

Männer brauchen sowas alles nicht. Für die ist die Rente immer noch sicher. Außerdem sterben sie ja auch ausnahmslos früher. „Tod des Partners“, wir erinnern uns, ist schließlich exklusiv im bewegten Leben einer Frau vorgesehen.

  1. 14. Juni 2011

    … da fehlen mir direkt zum Wochenstart die Worte. Es stellt sich mal wieder die Frage wer so etwas „verbrochen“ hat. Liegt der mal wieder der Schluss nahe, dass Banken immer noch recht „speziell“ ticken … da gibt es dringend Aufholbedarf !!