Juliane Schader

Nomaden des Kleinraums

Ich bin umgezogen. Was mal gesagt werden muss, damit ich mir nicht mehr länger den Satz „Du bloggst ja auch nichts mehr“ anhören muss. Und doch eigentlich keine große Neuigkeit ist, denn Umziehen gehört zu den wenigen Dingen, die ich in den vergangenen Jahren mehr oder weniger regelmäßig betrieben habe, im Gegesatz zu Bowling, Kakteenzucht und dem Verzehr von Obst und Gemüse fünfmal am Tag. Immer hing es ein bisschen tiefer hinein in den Prenzlauer Berg – nennt mich Kleinraumnomade.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Früher bestand ein Umzug daraus, dass ich meine Freunde zwang, unabgebaute Werke aus Ikea-Pressspan sowie ein etwa fünfhundert Kilo schweres Steinregal aus Hinterhauswohnungen in Hinterhauswohnungen zu schleppen – dass sie auch danach noch meine Freunde blieben, ist für mich auf ewig unverständlich wie erfreulich.

Heute dagegen investiere ich den Gegenwert von zwei Kästen Bier in auf Laternenpfählen inserierende Transportunternehmen, die sich als Experten für den termingerechten Transport von Waren aller Art von A nach B rühmen, und vermutlich ziemlich viel sehr gut beherrschen, nur nicht den Transport von Dingen von A nach B zu einem vorher festgelegten Termin. Ganz recht, es ist der Frust, der aus mir spricht, der nur denjenigen vorbehalten ist, die auch einmal auf ihren 13 Kisten in einem kalten Hausflur saßen und fünf Stunden damit zubrachten, sich per Handy von gebrochen Deutsch sprechenden Menschen vertrösten zu lassen. Gleich, aber wirklich gleich, seien sie da. Nur ein paar Kisten müssten noch schnell in Schöneberg abgegeben werden. Ein Schrank in Charlottenburg. Und nun sei auch noch die Kupplung kaputt und man warte auf den ADAC, auf einer Autobahnausfahrt kurz vor Dresden.

Vermutlich war es Marx höchstpersönlich, der mich so dafür abstrafen wollte, andere Menschen sich für einen Hungerlohn an meiner Statt den Rücken ruinieren zu lassen. Mit Recht.

Immerhin erschienen die Jungs mit dem Transporter irgendwann und ihre Fähigkeit, gleichzeitig zentnerschwere Bücherkisten und Goldkettchen zu tragen und mit beidem in etwas, was ich in Zeiten des Steinregals vielleicht als Affenzahn bezeichnet hätte, in den vierten Stock hochzurennen, darf nicht unerwähnt bleiben. Trotz allem.

Nun habe ich also ein neues Dach über dem Kopf – zumindest, bis das unausgebaute Dachgeschoss über mir einen Käufer gefunden hat, der mir eben dieses in Zeiten des Ausbaus wieder nimmt und dafür einen Fahrstuhl vor dem Fenster spendiert – und hoffentlich auch wieder Zeit zum Bloggen. Bis zum nächsten Umzug.