Juliane Schader

Berlin, Deine Eisbahn ist der S-Bahn-Ring

Ich hatte es an anderer Stelle ja schon einmal erwähnt: Berlin hat ein Problem mit dem Winter. Oder vielmehr der Tatsache, dass dieser seit Neustem nicht mehr nur mit an Balkonen hochkletternden Weihnachtsmännern und energieverschwendenen Beleuchtungskonzepten daherkommt, sondern auch mit Schnee. Die Stadt weiß einfach nicht, wie sie damit umgehen soll.

Rein rechtlich, wie man so hört, sei die Sache ja ganz einfach: Bürgersteigräumung ist Anliegersache. Doch was in den Einzelhaussiedlungen in Dahlem vielleicht noch ganz gut funktionieren mag, wird zum Problem, wo viele Menschen in den Häusern wohnen und deren Besitzer in Westdeutschland. Derzeit gibt es die Bürgersteige in diesen Vierteln in den Varianten a) völlig ungeräumt, b) kompakte Eisdecke und c) wissen sie eigentlich, was Streusplitt kostet?.

Jedes Haus verfolgt da seine ganz eigene Politik, was zum einen das Straßenbild schön vielfältig erscheinen lässt, und zum anderen mit dem ewigen Vorurteil aufräumt, Zahnärzte aus München hätten im Prenzlauer Berg ganze Straßenzüge gekauft. Vielmehr besitzen Sie, wenn man die Taktiken der Schneebeseitigung genau analysiert, zwei Häuser in Kreuzberg, eins in Schöneberg, und ein halbes Haus in der Kastanienallee. Aber auch das kann nicht über die ständige Gefahr hinwegtrösten, in die man sich beim Gang vor die Tür begibt, und die lautet: Oberschenkelhalsbruch, jetzt auch schon für Menschen ab sechs. Wer jünger ist, hat Glück, der wird noch auf einem Schlitten gezogen.

Nun habe ich gelernt, dass man in solchen Situationen nicht immer nach dem Staat rufen soll, der installiert ja doch nur Überwachungskameras und verbietet irgendwas im Internet. Selbst ist die Frau, und so habe ich gerade erst meine alten Spikes bei der kleinen asiatischen Schneiderin abgegeben, auf dass sie mir ein feines Kunstfell in die Schuhe bastelt. Dann noch die guten 12-cm-Dornen eingeschraubt, und dem Schneespaziergang steht nichts mehr im Wege.

Bis dahin nutze ich den kleinen Flammenwerfer, mit dem die Mitbewohnerin immer ihrer fantastischen Crème brûlée den letzten Schliff verpasst, um mir einen Weg durch die Eispanzer auf dem Gehweg zu fräsen. Und auch der Einsatz des Streusalz to go hat sich mittlerweile bewährt.

Wem das alles zu aufwendig ist, dem bleibt die Hoffnung, dass sich vielleicht doch noch eine Lösung finden lässt, nach der die Gehwege in Zukunft ordentlich und einheitlich und damit genau so, wie man es in Das-ist-Deutschland-hier erwartet, geräumt werden. Etwa indem sich die Hausbesitzer einer Straße zusammentun. Kita-Gruppen ihre Vormittage endlich mit etwas Sinnvollem verbringen. Oder es mal wieder richtig Sommer wird.

Ich persönlich plädiere ja für eine Flurbereinigung.

  1. 11. Dezember 2010

    Vielleicht tröstet es sie ja ein wenig, dass die Versprechen von Stadt Braunschweig & ALBA, in diesem Jahr würde alles besser werden, auch nur heiße Luft waren. Kaum fällt ne Flocke geht nix mehr auf den Straßen.

    Aber zumindest die Gehwege sind jetzt halbswegs geräumt (außer an den Stellen an denen die Stadt zuständig ist), die Busgelder scheinen also zu wirken…

    Grüße aus Braunschweiger Kastanienallee